Zitat
Hallo Hauke,
ja das ist das Problem mit den Originalbahnhöfen. Kaum einer hat wirklich den Platz, einen Bahnhof im korrekten Maßstab abzubilden.
Ich komme ja auch bei meinem Heimatbahnhof auf beachtliche 7,2 m x 2,7 m obwohl das ja nur ein relativ bescheidener Endbahnhof ist.
Da bleibt wohl nichts anderes übrig als zu "mogeln" und das Ganze extrem zu stauchen.
LG
Franz-Georg
Hallo Franz-Georg,
ich habe meinen Bahnhof "Maulbronn" fast maßstäblich hin bekommen. lediglich ein Modul hat etwas zu starke Radien, die aber noch immer im realistischen Bereich sind. Im maßstäblichen Nachbau muss man davon ausgehen, dass eine ganze Menge ponis (points of neu interests) vorhanden sind. Anders gesagt, eine Menge "Nichts". Das muss man wollen. Das Modell bekommt eine Authentizität, die es im üblichen Modellbau nicht hat. Dafür muss man seine Gestaltungswünsche sehr deutlich zurück schrauben.
Jetzt plane ich auf 9,10 m, leicht komprimiert, den Bahnhof Maulbronn-West, eine Station im Wald an der württemberger Westbahn. D.h. 5 Häuser, wenig Menschen, wenig Fahrzeuge und der Rest ist Wald, Wiesen, ein paar Gärten und Weinreben. Die Frage ist, ob das nicht Verschwendung von Platz ist.
Die Frage muss sich jeder selber beantworten. Ein Modell ist eine vereinfachte Darstellung der Realität. Komprimieren ist damit durchaus legitim. Man muss sich vor dem Bau mit der Frage beschäftigen, was man mit der zur Verfügung stehenden Fläche macht. Für mich ist die Wirkung eines (annähernd) maßstäblichen Bahnhofs enorm. Das Rangieren dauert seine Zeit, wenn man mit maßstäblicher Geschwindigkeit auf Originallängen fährt. Eine "Modellzeit" braucht man dann nicht. In zwei Stunden wird dann nicht sehr viel passieren. Ich finde das viel spannender als Fahrzeuge in H0-pur, bei denen ich sowieso im Betrieb kaum etwas wahrnehme. Der Blick über die Anlage auf Augenhöhe der Preiserleins ist beeindruckend. Aber die Anzahl der Motive ist extrem reduziert.
Viele Anlagen gewinnen mMn dadurch erheblich, auch wenn sie komprimiert sind. Die Kernfrage lautet aus meiner Sicht: Was ist wichtig für die Szene, was will ich wirklich darstellen ? Beiwerk, was zwar nett aussieht, aber letztlich nur ablenkt, ist überflüssig und stopft die Anlage voll. Auf der anderen Seite ist der voll maßstäbliche Modellbau, auf dem fast nichts zu sehen gibt, weil die Welt aus viel "Nichts" besteht. Da besteht die Gefahr der Leere und Ausdruckslosigkeit.
Vielleicht hilft es Dir, zuerst Gedanken darüber zu machen, was Du darstellen willst und dann schauen, wie viel Platz Du brauchst, um es so darzustellen, dass jedes Motiv in sich geschlossen wirken kann. Beispiel: Für Maulbronn habe ich mir die Aufgabe gestellt, das ländliche Leben um 1920 zu zeigen. Als Motive habe ich die lokal passenden Szenen "Heuernte", "Baustelle", "Selbstversorgung" (Kartoffelacker, Kleingarten) und ein paar kleinere Szenen gewählt, die an reale Ereignisse bzw. Örtlichkeiten vor Ort erinnern, aber nicht zu sehen sind (Söhne des Fabrikanten, Schafe für den Schafhof, Mönche für das Kloster Maulbronn, Steintransport des örtlichen Steinbruchs). Die Protagonisten sind ganz wenige Gebäude und natürlich die Bahnlinie mit den zeittypischen Einrichtungen. Die Elemente stehen dabei für sich und sind räumlich weitgehend getrennt. Komprimiere ich die vorhandenen 8 m auf 3 m oder weniger rutschen die Szenen so dicht zusammen, dass sie ineinander "verschwimmen". Ich müsste Teile davon weg lassen, damit die Gesamtszene nicht überladen wäre. Zu einem Nebenbahnhof gehört auch eine gewisse räumliche Großzügigkeit. Maulbronn-West macht es mir auf 9 m schon schwerer, sie nicht durch Leere langweilig wirken zu lassen. Der Bahnhof ist größer, muss damit etwas gestaucht werden, aber was kommt in die Fläche dazwischen ?
Ich hoffe, die Gedanken langweilen nicht. Mir haben sie jedenfalls in der Planung geholfen.
Viele Grüße
Jürgen