RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#1 von steve1964 , 03.09.2020 08:53

Tag zusammen, wer weiß Näheres :
Ich baue einen 4 - achsigen preußischen Gepäckwagen, mit Wagenübergängen,
und zwar den mit Dachkanzel nicht mittig, sondern mehr am Ende des Wagens,
und wollte fragen, wo genau zur DRG - Zeit die Zugschlußlaternen saßen.

Ich habe hier nur 1 Foto aus dem Netz mit DB - Lackierung, und sehe
Laternen montiert, ganz scharf an der Ecke, oberhalb der Puffer.
Aber war das immer so, oder zu DRG Zeiten nicht doch oben ganz außen am Dach ?

Danke + Grüße
Steve


Ich baue, also bin ich.


 
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RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#2 von Atlanta , 04.09.2020 04:16

Moin Steve,

Oberwagenlaternen befanden sich links und rechts oben am Dach, die Laternenhalter waren so angebracht, daß man die Laternen auch von Vorne sehen konnte.

Vor 1910 strahlten sie bei Dunkelheit nach vorne grünes Licht ab und nach hinten rotes Licht.
Ab 1910 wurde das geändert und anstatt des weißen klarsichtglases, Milchglas eingesetzt welches nach vorne abstrahlte.

Zusätzlich zur Oberwagenlaterne mußte noch eine dritte rote Schlußlaterne mitgeführt werden welche am rechren Puffer befestigt wurde oder am letzen Zughaken.

Bei parallelen Ausfahrten aus Bahnstationen mit zwei eingleisig parallel verlegten Gleisstrecken, welch noch eine Zeitlang parallel verliefen, mußten bei Dunkelheit beim links fahrenden Zug die dritte Laterne am linken Puffer hinten befestigt werden.

Bei Falschfahrten im Gegengleis, wurde die linke der Oberwagenlaternen umgedreht und strahlte nach vorn das rote Licht ab.

Im Falle von einem oder mehreren nachfolgenden Sonderzügen, wurde die rechte oder es wurden beide Oberwagenlaternen, bei allen vorausfahrenden Zügen umgedreht, daß beide Laternen nach vorn rotes Licht zeigten. Der letzte nachfolgende Sonderzug zeigte wieder den normalen Zugschluß mit drei rot abgeblendeten Laternen.

Normalerweise liefen Packwagen, als Schutzwagen vorn im Zug, hinter der Lokomotive, da sie als personell "unbesetzte" Wagen galten, Bahnbetriebspersonal zählte bei der Schutzwagenvorschrift als unterwiesenes Betriebspersonal, daß sich der Gefahren bewußt war.

Schutzwagen sollten ürsprunglich als Gefahrenabwehr zu, mit Publikum besetzten Wagen dienen, um im Falle eines Bedienungsfehlers der Dampfmaschine, vor einer möglichen Kesselexplosion zu schützen.
In späteren Jahren als die Lokomotiven sicherer wurden, behielt man aber Schutzwagen bei, weil man feststellte, daß bei Auffahrunfällen, meistens nur der erste Wagon in Mitleidenschaft geriet.

Lief der Packwagen in seltenen Fällen doch mal am Schluß des Zuges, mußte der erste Wagen für zahlendes Publikum verschlossen bleiben, um als Schutzwagen dienen zu können.

Wann in Epoche III oder möglicherweise später die Schutzwagenpflicht abgeschafft wurde entzieht sich aber meiner Kenntnis.


LG Ingo

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RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#3 von Fisch65 , 04.09.2020 07:19

Moin Ingo,

Interessante Aussage zu den Schutzwagen und insbesondere dazu dass der erste Wagen notfalls unbesetzt gefahren wurde. Hat da jemand noch mehr Infos zu?

Ich habe noch nie gesehen/gehört dass ein Modellbahner das auch so auf der Anlage umsetzt und den ersten Wagen unbesetzt lässt, oder macht das bereits jemand?

Mit freundlichen Grüßen
Manfred


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RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#4 von oligluck ( gelöscht ) , 04.09.2020 07:47

Moin Steve,
das DRG-Signalbuch gilt ab 1935

Ich darf zitieren:

Zg3 Nachtzeichen:
Am letzten Wagen in gleicher Höhe entweder zwei nach vorn weiß, nach hinten rotleuchtende Laternen (Oberwagenlaternen).
b) bei Zügen mit durchgehender Bremse und mit einer Wagenzuglänge von nicht mehr als 200m Länge dürfen zwei in gleicher Höhe nur nach hinten rotleuchtende Laternen verwendet werden.

Dies dürfte auf deinen Wagen zutreffen - lassen wir mal Falschfahr- und Nachfolgesignale außenvor.

Gemäß Vorschrift 208 sind die Oberwagenlaternen "möglichst hoch" anzubringen.

Interessant ist jedoch auch Vorschrift 213: "ist der letzte Wagen eines Zuges, der das Signal >Zg3b< (...) führt, ein Personen-, Gepäck-, Post- oder Bahndienstwagen, so ist er bei Dunkelheit, nach außen kenntlich, im Innern zu beleuchten, auch wenn sich darin keine Personen befinden. Diese Beleuchtung darf nur gleichzeitig mit den Signalen gelöscht werden."

Also entweder Funzeln rot/weiß oder nur rote Laternen und Wagen beleuchten...


Alternativ gibt es auch Zg5, das vereinfachte Zugschlusssignal:
- für einzeln fahrende Lokomotiven
- für Reisezüge bis zu 12 Achsen
- für Güterzüge bis zu 30 Achsen
- für Züge auf Nebenbahnen bei einfachen Verhältnissen

Was womöglich bei der Modellbahn zutrifft?

Das wäre dann eine rote Laterne rechts in Pufferhöhe.

Also such's dir aus, vorbildgerecht wäre beides...



Viele Grüße,
Oliver


oligluck

RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#5 von silz_essen , 04.09.2020 10:07

Hallo zusammen,

wenn ich mich richtig erinnere, dann ist die Schutzwagenproblematik z.B. im miba Special Zugbildung für Epoche 2 thematisiert.
Auch bei Wikipedia ist ein (wenn auch kurzer) Artikel dazu zu finden.

Gruß
Martin


silz_essen  
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RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#6 von steve1964 , 06.09.2020 22:08

N Abend Kollegen,
Vielen Dank, das ist wirklich sehr informativ !
Also dann doch oben am Dach.
Nun ja,
LED haben ja stabile Drähte .... die man biegen bzw kröpfen kann...
Grüße aus Hamburg
Steve


Ich baue, also bin ich.


 
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RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#7 von Schienenbus , 23.11.2020 23:59

Hallo zusammen,

Schutzwagen sind bei der DRG bis 1936 vorgeschrieben gewesen. Sie mussten in allen Zügen deren Höchstgeschwindigkeit über 60Km/h lag geführt werden. Wie das bei den Länderbahnen aussah kann ich allerdings nicht sagen.
Diese Schutzwagen sind auch den Grund warum viele Langläufe vorne und hinten einen Pw führten. Beim Kopfmachen war der Schutzwagen damit bereits vor Ort.

Achtungspfiff
Stephan - der Schienenbus


 
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RE: Preußische 4 - achs. Gepäckwagen : Wo saßen die Zugschlußlaternen ?

#8 von Atlanta , 25.11.2020 05:06

Moin Stephan,

der von dir angesprochene Fall war keine Regel, sondern der Tatsache geschuldet, daß ein Herausrangieren des Schutzwagens in Kopfbahnhöfen zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte, weswegen man mit der neuen Lokomotive auch einen neuen Schutzwagen zugestellt hatte.

An Stationen wo Kurswagen auf einen anderen Zug übergehen, machen am Zugschluß befindliche Schutzwagen sehr oft Probleme, besonders wenn diese gleichzeitig noch als Packwagen genutzt werden.

Als Schutzwagen können Post-, Gepäck-, unbesetzte Reisezug- oder leere Güterwagen eingesetzt werden.

Früher sollten grundsätzlich alle Züge mit einem Schutzwagen ausgestattet sein, jedoch zeigt sich bereits noch zur Länderbahnzeit, vornehmlich bei den preußisch – hessischen Eisenbahnen, daß bei Zügen bis 45 Km/h die ersten 1 bis 2 Abteile die Schutzfunktion übernemen konnten, wenn diese für Reisende verschlossen blieben.

Bei Zügen ab 45 Km/h hingegen war ein Schutzwagen vorgeschrieben.

Bei zweigleisigen Bahnen, wo ausnahmslos alle Züge mit 60 Km/h hintereinander herfuhren, konnte wiederum auf Schutzwagen verzichtet werden wenn nach vorne und hinten je zwei Abteilungen verschlossen blieben.

Selbiges galt für nachfolgende Sonderzüge.

Bei Zügen über 60 Km/h waren Schutzwagen zwingend vorgeschrieben.

Bei Sekundärbahnen konnte es abweichende Regelungen geben, Lokalbahnen (Nebenbahnen) waren von der Schutzwagenpflicht befreit. (Stand 1917, Quelle Viktor Röll, Enzyklopädie des Eisenbahnwesens).

In Frankreich, mußten pro Zug soviele Schutzwagen vorhanden sein, wie Lokomotiven im Zug mitgeführt wurden. Beispiel Fahrt in Vorspann mit Schublok = 3 Lokomotiven, daraus folgte, daß 3 Schutzwagen benötigt wurden, 2 vorne und einer hinten am Zug.

Wegen des Zugschlusses:
Bei Tag waren die ZS Scheiben and den Oberwagenhaltern überm Dach anzubringen und eine rote, weißgeränderte Scheibe am letzten Zughaken.
Bei Nacht waren die Oberwagenlaternen nach hinten rot und nach vorne grün zu beleuchten, ab 1910 nach vorne weiß.
Eine dritte ZS Laterne wurde am rechten Puffer an einer Halterung eingehängt oder ersatzweise am letzten Zughaken. Nach hinten sollte bei Dunkelheit ein rotes Dreick mit nach unten zeigender Spitze durch Nachtzzeichen erkennbar sein.

Es gab da noch ein paar zu beachtende Ausnahmeregelungen:
Bei paralleler gleichzeitiger Ablassung zweier nebeneinander herfahrender Züge, wurde vorgeschrieben, daß der rechts fahrende Zug seine dritte Laterne an den rechten Puffer und der links fahrende Zug die dritte ZS Laterne an den linken Puffer zu hängen hätte.
An der nächsten nachfolgenden Station mußte beim linksfahrenden Zug die eine ZS Laterne an den rechten Puffer umgehängt werden.

Die BLS in der Schweiz hat sich noch recht lange eine sehr farbenfrohe ZS Kennzeichnung bewahrt mit bis zu vier ZS Laternen...das sei mal so am Rande bemerkt.

Die wenigsten Modellbahner gestalten die Nachtzeichen der frühen Eisenepochen, so, wie es in den Signalordnungen jener Zeit vorgegeben ist.


LG Ingo

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