Es ist ein Thema, das immer wieder auftaucht, weil es gerne kritisiert wird. Doch bisher habe ich keine abschließende und zufriedenstellende Beurteilung gesehen.
Natürlich gibt es einen konkreten Vorbildbezug, wie immer versuche ich, dieses trockene Thema kurzweilig und unterhaltsam zu gestalten, ohne den Informationsgehalt zu schmälern. Wie immer sind meine Berichte reich an Bildern, heute zeigen sie ausschließlich die Baureihe 146.2, meiner liebsten Baureihe. Viel Spaß beim Lesen!
So sieht das Fernlicht der Baureihe 146.2 aus. Die Lok passiert mit ihrem IRE der Schwarzwaldbahn auf dem Weg nach Kreuzlingen den Grundwald-Tunnel. (Bildnachweis: Andreas Hackenjos)
Die Helligkeit der Lichtsignale eines Eisenbahnfahrzeugs
In Deutschland sind bei Zugfahrten zwei Lichtsignale an Eisenbahnfahrzeugen üblich: Das Dreilicht-Spitzensignal (Zg1) an der Zugspitze sowie das Zugschlusssignal (Zg2) am Zugschluss. In diesem Bericht behandle ich ausschließlich diese beiden Signale, länderspezifische Signale bleiben außen vor, da die wenigsten Modelle länderspezifische Sondersignale beherrschen.
Um die Sachverhalte grundlegend verstehen zu können, hole ich etwas aus: Im Gegensatz zur Straßenbahn oder zum motorisierten Individualverkehr verkehrt die Eisenbahn nicht auf Sicht, sondern im Raumabstand, welcher signaltechnisch gewährleistet wird. Das hat einen profanen Grund, der Regelbremsweg eines Zugs beträgt 1.000 Meter; ein Zug darf also maximal so schnell fahren, wie er innerhalb dieses Regelbremswegs auch sicher zum Stehen kommt (es sind maximal 160 km/h, darüber hinaus ist in jedem Fall LZB notwendig). Das Spitzenlichtsignal ist also nicht dazu da, den Fahrweg auszuleuchten: Selbst wenn der Lokführer ein Hindernis durch das Spitzenlicht erkennen würde, ist es meist zu spät. Erhält der Lokführer ein regulären Fahrtbegriff durch ein Hauptsignal, kann dieser davon ausgehen, dass der vor ihm liegende Streckenabschnitt frei von anderen Fahrzeugen ist und gesichert ist. Neben der Bedienung des Fahrzeugs und der Streckenbeobachtung muss er die Signale (und deren Begriffe) sowie Signaltafeln sicher erkennen können und rechtzeitig entsprechende Bedienhandlungen aus ihnen ableiten. Das Spitzenlicht dient also lediglich dazu, die Zugspitze zu kennzeichnen und so für andere erkenntlich zu machen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Zugschluss: Dieser kennzeichnet den Schluss des Zuges und war vor allem zu Großvaters Zeiten wichtig, als es noch keine Gleisfreimeldeanlagen gab und als der Fahrdienstleiter die Züge noch persönlich zu Gesicht bekam (gerade bei elektronischen Stellwerken, die Hunderte Kilometer Strecke überwachen, sieht der Fahrdienstleiter die Züge allenfalls über die Überwachungskameras eines Bahnübergangs). So konnte auch ohne eine technische Gleisfreimeldung augenscheinlich festgestellt werden, dass ein Zug einen Streckenabschnitt vollständig verlassen hat. Verkehrt ein Zug ohne das entsprechende Signal (entweder durch Signaltafeln oder entsprechende Lichtsignale dargestellt), so ist davon auszugehen, dass der Zug nicht (mehr) vollständig ist. Technisch ist das eigentlich nicht möglich, da durch eine (ungewollte) Zugtrennung in der Regel auch die Hauptluftleitung (HLL) reißt und unverzüglich die Bremsen mit maximalem Zylinderdruck anlegen. Auch hier dient das Signal lediglich dazu, gesehen zu werden.
Das Dreilicht-Spitzensignal einer Lok der Baureihe 146.2. Die Lok hat gerade mit ihrem Zug die Geislinger Steige hinter sich gelassen und fährt in Amstetten ein. Die Zugzielanzeige ist falsch.
Leuchtmittel müssen besonderen Normen bezüglich ihrer Schockfestigkeit aufweisen (beim Rangieren wird nicht gerade zimperlich mit den Fahrzeugen umgegangen) und sie müssen große Temperaturunterschiede von -25°C bis 70°C (die bei direkter Sonneneinstrahlung schnell erreicht sind) ertragen. Aber es geht schließlich um die Helligkeit, welche übrigens auch normiert ist (wie so ziemlich alles in Deutschland):
- Das Zugschlusssignal hat eine Lichtstärke von min. 15 Candela (cd)
- Die beiden unteren Spitzenlichter sollen eine Lichtstärke von 300 bis 700 cd haben, das obere 150 bis 350 cd.
- Das Spitzenlicht soll auf 100 cd (unten) bzw. 50 cd (oben) abblendbar sein.
Für die meisten wird die Einheit Candela genauso dimensionslos sein wie die Einheiten Kilowatt (kW) oder Kilojoule (kJ) sein, ich verzichte allerdings auf Erläuterungen, da ich selbst in dieser Thematik nicht ganz durchsteige und belasse es auf verschiedene Beispiele:
- Eine Kerze hat eine Lichtstärke von 1 cd.
- Eine Glühlampe (60W) hat eine Lichtstärke von 58 cd, eine 100W-Glühlampe etwa 110 cd.
- Eine Tagfahrleuchte eines Kfz hat eine Lichtstärke von min. 400 cd.
Der Zugschluss ist bei Eisenbahnfahrzeugen stets sehr dunkel. Das Bild zeigt die schiebende Lok bei der Einfahrt in Plochingen.
Die Lichtsignale sind also recht dunkel. Im Allgemeinen werden Lichtsignale an Eisenbahnfahrzeugen mit 24 V Gleichstrom betrieben. Eine gewöhnliche Leuchte mit Halogen-Leuchtmittel hat eine Stromaufnahme von 1,9 A. Eine LED-Lampe hingegen nur 0,6 A bei gleicher Spannung. Aufgrund ihrer höheren Effizienz (es gilt: P = U*I) und der niedrigeren Leistungsaufnahme ist bei LED-Leuchtmitteln zwingend eine Scheibenheizung notwendig (z.B. wegen Flugschnee), da die eigene Wärmeentwicklung nicht ausreicht. Daher sind die Effizienzvorteile der LED gegenüber Halogen-Leuchten nicht so groß.
Modernere Eisenbahnfahrzeuge besitzen über eine weitere Ausstattung: Das Scheinwerferlicht, kurz Fernlicht. Es ist nicht vorgeschrieben und ist nur eine Art Komfortausstattung. Mit mindestens 12.000 cd ist es signifikant heller als das gewöhnliche Spitzenlicht; es kann zu verschiedenen Zwecken eingesetzt werden, wenn z.B. in Ausnahmefällen nachts auf Sicht gefahren werden muss oder um bei unsichtigen Licht- und Wetterverhältnissen Signale (und deren Begriffe) sowie die in der Regel reflektierend ausgeführten Signaltafeln trotzdem rechtzeitig und sicher zu erkennen. Aus diesem Grund ist das Fernlicht von Zügen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs deutlich lichtstärker (40.000 cd), um trotz höherer Geschwindigkeit Signaltafeln sicher erkennen zu können (die Signale sind hier irrelevant, da die Begriffe direkt in den Führerstand übertragen werden).
Für gewöhnlich kennen moderne Eisenbahnfahrzeuge vier Stellungen des Spitzenlichts: 1. Spitzenlicht gewöhnlich, 2. Spitzenlicht abgeblendet (keine Raststellung!), 3. Fernlicht gewöhnlich und 4. Fernlicht abgeblendet. Ältere Fahrzeuge kennen dementsprechend nur zwei Stellungen.
Selbst bei Dunkelheit ist das Spitzenlicht lediglich in der Lage, den unmittelbaren Bereich vor der Lok auszuleuchten (der allerdings vom Lokführer gar nicht eingesehen werden kann!). Das Bild entstand kurz vor der Abfahrt in Müllheim (Baden).
Was hat das Ganze denn mit der Modelleisenbahn zu tun?
Ich würde sagen, sehr viel. Aus eigenen Beobachtung kann ich die Aussage treffen, dass etwa 90% der Modelle deutlich zu helle Lichtsignale besitzen und dies von deren Besitzern stillschweigend hingenommen wird.
In absolut analogen Zeiten war die Ausstattung mit Lichtsignalen ein Muss für jeden Modelleisenbahner, der etwas auf sich hielt und heute hat so ziemliches jedes Modell eine solches Merkmal. Früher waren die Modelle mit aufwendigen Lichtleiterkonstruktionen ausgestattet, so dass nur vier oder gar nur zwei Glühlämpchen vonnöten waren. Selbst bei voll aufgedrehtem Trafo trat an den Enden nur ein müdes Lichtlein aus, die geringe Leuchtkraft dieser Glühlämpchen wurde durch die langen Wege in den Lichtleitern weiter kastriert. Heute haben leuchtstarke LED Glühlämpchen und überlange Lichtleiter verdrängt. Bei den meisten Modellen sitzen die LED-Leuchtmittel auf einer separaten Platine direkt hinter der Gehäusefront, damit das Licht einen möglichst kurzen Weg hat.
Das Problem, das ich beschrieb, ist ein recht neues Problem, das erst mit Aufkommen der Digitaltechnik aufkam: Standardmäßig sind so ziemlich alle Decoder jeglicher Hersteller auf höchste Leuchtkraft eingestellt, so dass viele Modelle in der Lage sind, im Dunkeln ausgewachsene Leuchtkegel zu bilden und im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins Dunkel zu bringen. Das hast nicht viel mit dem Vorbild zu tun.
Es empfiehlt sich daher, den Zugschluss so stark wie möglich zu dimmen, um ein stimmiges Bild zu erhalten. Genauso muss für das Spitzenlicht ein Wert gefunden werden, dass es vom gemeinen Betrachter noch als solches wahrgenommen wird, ohne zu überstrahlen. Das Fernlicht lasse ich getrost auf der größtmöglichsten Leuchtstärke.
Weniger ist mehr, das Spitzenlicht wirkt natürlich und ist trotzdem gut erkennbar.
Das Gleiche gilt auch für den Zugschluss. Die Zugzielanzeige ist defekt, vermutlich fehlt die grüne LED.
Das Dimmen ist recht schnell erledigt, in den Bedienungsanleitungen der Decoder wird dies verständlich erklärt.
Doch leider ist das Dimmen über eine Programmierung nicht der Weisheit letzen Schuss, denn die Hersteller von Modellen greifen zu immer komplexeren Lösungen, um verschiedene Funktionen, wie z.B. das "vorbildgerechte Aufblenden des Fernlichts" (Brawa) zu realisieren. Transistoren oder Festspannungsregler verhindern dies und sorgen dafür, dass das vermeintlich gedimmte Licht nicht mehr unbeirrt weiter in voller Helligkeit leuchtet, sondern blinkt! In solchen Fällen muss man vor die LED einen Widerstand einlöten.
Ich vermute, dass nicht wenige Modelleisenbahner bisher geglaubt haben, dass das Spitzenlicht analog zum Autoscheinwerfer zum Ausleuchten der Fahrbahn dient und sich deshalb am zu hellen Spitzenlicht nicht gestört haben; im Gegenteil, häufig lese ich von "zu dunklem" Spitzenlicht.
Die linke Lok hat eine defekte Zugzielanzeige, das rechte Brawa-Modell leuchtet lichterloh. Entgegen der Vorschriften leuchtet das obere Spitzenlicht deutlich heller.
Das war es auch schon, ich hoffe, dass der Bericht informativ und nicht zu langwierig war!
Vielleicht konnte ich den ein oder anderen Modelleisenbahner dazu bewegen, das Licht seiner Modelle zu überarbeiten.
Über Anregungen und Kommentare freue ich mich stets.
Grüße,
Viet Bui