RE: Achsen in 3D-Druck, geht das? Ja, aber…

#1 von Jens Merte , 01.06.2018 22:14

Moin Moin!

Auf bewährte Massenware eines großen Herstellers zurück zu greifen, ist oft sehr praktisch. So ist es z.B. bei 3D gedruckte Eigenbaufahrzeuge sehr praktisch, wenn man bei den Achsen etwas „von der Stange“ nimmt. Gerade in den Achsen steckt viel Know-How der Hersteller, von der Qualität des Rundlaufs, den Fertigungstoleranzen bei der Geometrie über die Oberflächenvergütung bis hin zu verschiedenen Konzepten, bei 2-Leiterachsen die Räder zu isolieren. Meist werden ja auch nur zwei oder vier Achsen benötigt, da ist es dann auch egal, ob die 1,-- oder 2,-- Euro das Stück kosten.


Warum sollte man also überhaupt los laufen und versuchen, selber eine Achse herzustellen?

Zum einen ist man Modellbahner und möchte alles selber machen – dieses Argument ist unantastbar und gilt immer. Aber manchmal gibt es weitere Gründe:

Nicht alles ist z.B. nach RP25 verfügbar, allerdings kann man hier z.B. aus Standardachsen durch Bearbeiten (Abdrehen der Spurkränze) diese „veredeln“. Für RP25-Fans Standard.

Schwieriger wird es aber, wenn ein ganz bestimmter gesuchter Durchmesser nicht verfügbar ist. Zum einen, weil kein Markenhersteller den herstellt; oder aber, weil der Hersteller diesen gerade nicht auf Lager hat und auch nicht in absehbarer Zeit wieder produziert.

Und ggf. ist es auch ein wirtschaftlicher Faktor, nämlich dann, wenn man viele hundert Achsen benötigt und diese ggf. sogar teurer sind als das eigentliche „Produkt“, welches dann mit den Achsen ausgestattet wird.

Bei den Loco Buggy Transportwagen (siehe viewtopic.php?f=27&t=158742 ) sind es die letzten beiden Gründe. Diese Loco Buggy sind im Original mit Achsen mit einem Laufraddurchmesser von 550/500 mm ausgestattet (also etwa 6,3 mm in H0). Dieser Durchmesser ist relativ klein und wird kaum angeboten. Fleischmann hatte so etwas bei der Rollenden Landstraße mit 6 mm Durchmesser, aber zum einen wirkt die Achse mit dem großen Spurkränzen bei den kleinen Transportwagen etwas überdimensioniert, zum anderen hat Fleischmann die H0 Aktivitäten eingestellt.

Die Wahl fiel damit auf die kleinsten „Massenachsen“ der RoLa von Märklin. Diese wirklich sehr gut bewährten Achsen haben einen Durchmesser von 4,8 mm und laufen perfekt (3-Leiter Artikel Nr. E363630, 2-Leiter Artikel Nr. E432950).



Vergleich der Fleischmann-Achsen links und der Märklin Achsen rechts und ein „Ur-Locobuggy“ in blau aus 2017 – hinten liegt eine „ausgeschlachteter“ RoLa-Wagen.


ABER:
Zum einen ist die 2-Leiterversion derzeit nicht verfügbar (das soll sich laut Märklin im August wieder ändern), zum anderen liegt der Preis für eine solche Achse im freien Verkauf bei etwa 2,50 Euro (3,-- Euro uvP). Für einen Satz Loco Buggy, also vier Rahmen (für jede Achse einer vierachsigen Drehgestellok einen), sind das acht Achsen und 20,-- bzw. 24,-- Euro. Die Loco Buggy selbst hingegen sind im Viererpack für 9,95 Euro druckbar.

Und da kommt dann der Moment, wo einen dann doch der Ehrgeiz des Ingenieurs packt:

Neben deutlich günstigerem Preis (ca. 1,-- Euro/Stück) soll die Achse nicht leitfähig sein, „ordentlich“ laufen und in kleine Stückzahlen „on demand“ verfügbar sein. Auch sollten nach Tests sehr schnell Änderungen in kleinen Losen möglich sein.
Damit fällt die Idee, sich die Achsen bei einer Firma fertigen (drehen) zu lassen, weg, wobei neben dem finanziellen Risiko es auch fraglich ist, überhaupt einen kompetenten Hersteller zu finden. Bleibt die 3D-Drucktechnik mit ihren oft angepriesenen Vorteilen: kleine Stückzahlen, schnelle Änderungen.

So habe ich also die Geometrie der Märklin Achsen zum Vorbild genommen und erste Proben in PLA und SLS gedruckt. Das erste Ergebnis war: Die Achse 1:1 übernommen, ist viel zu dünn und instabil. Dies liess sich konstruktiv schnell ändern, gleichzeitig sieht die dickere Achse damit dem Original sogar ähnlicher.
Aber die beiden Verfahren liefern eine nicht wirklich rund laufende Achsen und die Oberflächenqualität (Rauheit) ist schlecht. Zwar kann man SLS „smoothen“ lassen, doch dabei werden zum Teil die Spurkränze gleich mit „weg-ge-smooth“. Letztes liess sich durch etwas dickere Spurkränze beheben. Da die Layerdicke/Schichtdicke aber im Druck und Sinterverfahren bei 0,1 mm liegt, laufen die Räder nicht wirklich rund und die Oberflächen ist zu grob.

Also wurde auf das im Bezug von Details und Layerdicke beste Verfahren ausprobiert: Im Multi-Jet Modeling wird ein PMMA Granulat verarbeitet, wobei eine Schichtdicke von 0,016 mm erreicht wird. Die Oberfläche ist dabei sehr glatt, das PMMA („bürgerlicher“ Name Acrylglas) ist sehr stabil. Allerdings ist dieses Verfahren auch sehr zeitaufwendig und damit teuer. Wenn man allerdings immer gleich einen Satz von acht Rädsätzen drucken lässt, dann liegt der Preis einer Achse bei knapp über 1,-- Euro/Stück.



Links in weiß und in schwarz die Achsen im SLS Verfahren, die arg grobkörnig daher kommen und keinen Fahrbetrieb ermöglichen. Daneben die PMMA Achse, hier transparent (wie man halt Acrylglas kennt) nach einigen „Kilometern“ auf der Strecke (die Achsen können wohl auch als Schienenreinigungszug eingesetzt werden ) und ganz rechts „das Original“ von Märklin.


Die PMMA Achsen kann man sehr einfach mit einem Edding schwarz färben, so sieht der Loco Buggy sogar dem Original noch ähnlicher.


Im Betrieb ist so gut wie gar nicht ersichtlich, welcher Loco Buggy mit Märklin und welcher mit „Ersatzachsen“ ausgestattet ist.


Im Lauftest zeigt sich, dass ein Loco Buggy mit PMMA Achsen deutlich schneller zum Stehen kommt als einer mit Märklin Achsen. Zum Transport einer Lok reicht die Qualität aber völlig aus und im Langlauftest wurden keine Probleme festgestellt. Bei der Betriebssicherheit sind sie offensichtlich gleichfertig mit den Märklin Achsen.


„Ablauftest“ Loco Buggy mit PMMA Achsen, am Bü wird’s flach und da ist dann auch Schluß…
https://youtu.be/XqBv9lVztyc



… dazu im Vergleich mit Märklin Achsen – drei mal so teuer, rollen drei mal soweit
https://youtu.be/i_3noco-zJk


Fazit:
Man kann "fahrfähige" Achsen drucken, allerdings muss es schon ein "hochauflösendes" Verfahren sein. Die (PMMA-) Achsen zeigen allerdings schlechtere Laufeigenschaften als die Achsen des Markenherstellers, für den Betriebseinsatz sind sie dennoch ausreichend und betriebssicher. Ausserdem sind diese PMMA Achsen immer in passender Stückzahl verfügbar und deutlich preiswerter. Ein Satz Loco Buggy (vier Rahmen, acht Achsen) ist so nämlich für unter 20,-- Euro (also weniger als 5,-- Euro/Stück) verfügbar.

Und da diese Achsen über den Shop des Herstellers ( 3D - Druck - Modellbahn ) mit den Loco Buggy Rahmen gleich mitbestellt werden können, brauche ich mich auch nicht mehr um die Versandlogistik kümmern und muss bei den Achsen auch nicht in Vorleistung treten. Das läuft seit ein paar Tagen „wie von selbst“, leider geht aber auch der direkte Kontakt zum Modellbahnfreund damit verloren…


Beste Grüße
Jens


Jens Merte  
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