In aller Frühe transportiert 290 999-2 den Panzerzug ab, da schlafen die Stummis noch…
Der Ausbilder ist eigens mit dem Kübel nach Lammermoor angereist und weckt die Stummis in aller Herrgottsfrühe - also gegen 11:00
„Ich könnt kotzen, was ist das denn hier für ein lahmer Haufen? Saufen könnt ihr, aber im Manöver ist mit Euch kein Krieg zu gewinnen“, denkt er sich, sagt aber nichts. Nun, es gibt ja auch gar keinen Krieg zu gewinnen, wir haben den britischen Sektor (NRW) längst verlassen und befinden uns im Schutz amerikanischer Freunde, was soll da schon passieren?
Bevor alle Stummis so richtig auf den Beinen sind, rollt der Nachschub für Fengisch Willi bzw. seinen Weinkeller an:
Bei diesem Anblick wird auch einigen Stummis schlecht… Bahnexperten hingegen bemerken, dass es sich um die letzte noch in Epoche III gekennzeichnete und lackierte Vorserien V160 vom BW Köln Eifeltor handelt, die hier Rheinwein anliefert. Die Mosel ist Fengisch Willi wohl zu nah, er will exklusives, das man nicht an jeder Straßenecke bekommt.
Der Zug ist so lang, dass er in der Mitte geteilt werden muss, damit Reisende an den Bahnsteig 2 kommen können, der Weinzug wird Wagen für Wagen an den Biergarten herangeschoben, von wo aus der Wein mittels Schläuchen in die gewaltigen Tanks in Willis Keller umgeladen wird. Aha, so ist das mit der exquisiten Auswahl: Alles dieselbe Plörre aus einem einzigen großen ehemaligen Heizöltank im Keller. Das erzählen wir aber besser nicht den niederländischen Touristen…
Gegen Mittag kommt eine BR 39 aus dem BW Jünkerath, um den Stummizug abzuholen, sie ist mit Lokführer Wolfgang V. und seinem Heizer Hein B. die Strecke Tender voraus gefahren (in Lammermoor gibt es ja keine Drehscheibe und das ist im Winter ganz schön unangenehm, im Sommer aber erfrischend) Hier sieht man sie auf der Strecke, noch einige km von Lammermoor entfernt.
Die P10 setzt sich vor den Zug. Die 39 ist eine typische Eifelstreckenlok und für die Steigungen im Mittelgebirge bei adäquater Anhängelast ausgelegt. Der Ausbilder geht mit an Bord.
„Morgen Ihr Luschen!“ ruft er fröhlich dem Lokpersonal zu.
sein Kübel wird später von Stuffz Sowinski abgeholt, der dazu eigens mit der Bahn anreisen muss, womit auch sonst…
Der Zug setzt sich in Bewegung und die Stummis genießen derweil die Aussicht auf die Unterwegs-Bahnhöfe:
Jünkerath:
Lissendorf (Stellwerk):
Oberbettingen-Hillesheim:
Dann kommen sie zum „Tümpel beim ersten Bauern“
In der Eifel haben die Kommunen nicht so viel Geld wie anderswo, weshalb man sich Schwimmbäder dort nur in größeren Orten leisten kann, aber nicht jeder will dort hin fahren, daher ist in manchen Gegenden schon der kleinste Tümpel recht, um im Sommer ein wenig vom Alltags-Wahnsinn abzuschalten. Das betrifft natürlich weniger die Einheimischen, die durch die hier übliche Milchwirtschaft täglich an ihren Hof gebunden sind:
Vielmehr sind es die in Deutschland gebliebenen Touristen - das gab es damals auch und ist heute aktueller denn je - die „Urlaub auf dem Bauernhof“ gerade für sich entdecken, die hier den sonnigen Tag genießen.
Übrigens hat sich hier eine damals im Westen - und schon erst recht in der Eifel - recht ungewöhnliche Art des Badens auch im vorletzten Sommer etabliert. Vorwiegend bei dem jüngeren Urlaubern, vielleicht den letzten 68ern, Hippies, anders Denkende, halt nicht das Establishment. Aber die machen sowieso längst Urlaub in Spanien, Italien, auf Mallorca oder sonstwo. Vor der Ölkrise hatten die 70er halt noch den Speck des Wirtschaftswunders, den die Jugend aber nicht mehr mochte. Alternativ sollte der Urlaub sein, ohne lange Fahrerei, schon erst recht ohne Fliegerei (für das schmale Portemonnaie der Studenten und Jungverdiener sowieso unerschwinglich) oder eben aus Prinzip alternativ. 10 Jahre später zog eine Partei „bärtiger Genossen“ und „Strickliesels“ in den Bundestag, davon hat auf dieser Wiese hier so mancher gar nicht zu träumen gewagt. So ändern sich die Zeiten.
Deutsch, ordentlich wie wir sind, sind natürlich die FKK-ler von den Textilbadern getrennt, so gut das eben geht, an einem Tümpel, der kaum 10 m breit ist

Die Textilbader stört’s nicht, die FKKler auch nicht, obwohl rechts im oberen Bild…
Es ist Euch sicher längst aufgefallen: Ein uns bekanntes Fernsehteam, das damals noch gar keine Eisenbahnsendungen, sondern völlig andere Themen gedreht hat und letzte Woche noch gar nichts von seinem Glück wusste, hat sich aus ganz anderen Gründen zum Dreh in der Eifel aufgemacht. Vom Stummiländer haben sie erst abends in der Pension erfahren und bis in die Nacht bei einem kühlen Schoppen überlegt, ob man daraus eine Geschichte machen kann. Bahnreisen und Dampfloks waren damals nichts außergewöhnliches, dieser Zug aber irgendwie schon. Auch wenn der Stummiländer erst spät in Lammermoor gestartet ist, so war es HvO schon von vornherein klar, dass sie den Zug dort nicht mehr erwischen würden, nachdem sie gestern erst an der Eifelstrecke eingetroffen sind. Deshalb haben sie sich für den ersten Dreh eilig eine Stelle an der freien Strecke gesucht und dabei irgendwie eine ungünstige Position erwischt…
Für einen Ortswechsel war aber längst keine Zeit mehr. Das damals noch eher unbekannte Kamerateam wird dann auch argwöhnisch beäugt. Ob man das samstagnachmittags senden kann? Toni hält der Trixi lieber die Augen zu…
Nach der Durchfahrt an diesem Ort „beim ersten Bauern“ fährt unser Lustiger Stummiländer vorbei an einem wichtigen BW späterer Zeiten, ohne das z. B. das Bahnjubiläum 2010 oder die Dampftage in Rheinland-Pfalz 2018 gar nicht möglich gewesen wären:
BW-Gerolstein:
Unsere P10 bleibt hier, Heißläufer am Kreuzkopflager, wegen der besonders schweren Anhängelast. Später wird sie nach Jünkerath zurückkehren. Es übernimmt eine Diesellok. Eigentlich (siehe oben) ist die P10 für die tägliche Fahrt auf der Strecke ausgelegt
Jahrzehnte später wird hier in der Ecke, auf der Eifelquerbahn von Gerolstein nach Ulmen die 03 1010 einen Treibstangenbruch erleiden, aber das ist eine andere Geschichte. Die P10 ist zuverlässig, es wird wohl ein Problem beim Abschmieren gegeben haben. Auweia, das gibt Mecker vom Meister, denkt sich Hein.
„Jetzt wissen wir aber auch endlich, wie Hagen v. O. damals zu der Idee mit einer sehr erfolgreichen Sendereihe gekommen ist“, belehrt der Meister, Wolfgang V. seinen Heizer, Hein B. „Na, wenn das mal nicht doch ein bisschen geflunkert ist, Käpt’n“, sagt Hein.
Mehr, wenn Ihr mich wiederseht, Ihr müsst unbedingt gucken, wie’s weitergeht…
Und Tschüß…